Glossar
Die folgenden Definitionen sind als nicht abschliessende Arbeitsdefinitionen zu verstehen.
Anti-Schwarzer Rassismus
Rassismus gegenüber Schwarzen Menschen bzw. Anti-Schwarzer Rassismus bezieht sich spezifisch auf das Merkmal der Hautfarbe und auf physiognomische Merkmale. Dabei wird von der äusseren Erscheinung (Phänotypus) eines Menschen auf sein inneres Wesen (Genotypus) geschlossen, unter Zuschreibung von negativen Persönlichkeits- oder Verhaltenseigenschaften. Rassismus gegenüber Schwarzen Personen wurzelt in der rassistischen Ideologie des 17. und 18. Jahrhunderts, die als Rechtfertigung der kolonialen Herrschaftssysteme und der Sklaverei diente.
Antiasiatischer Rassismus
Antiasiatischer Rassismus bezeichnet eine feindliche oder ablehnende Haltung gegenüber Menschen, die aus Ost- oder Südostasien stammen oder denen diese Herkunft zugeschrieben wird. Ost- und südostasiatische Menschen sind verschiedenen Formen von Rassismus ausgesetzt, die oft im Widerspruch zueinanderstehen. Zum Beispiel werden sie mit der Vorstellung der «Minderheit mit Vorbildcharakter» in Verbindung gebracht, mit der Bedingung, das rassistische Stereotyp der «leistungsorientierten, ordnungserhaltenden und dankbaren Person» zu erfüllen. Auch werden sie als homogene Gruppe dargestellt mit vorurteilsbehafteten Zuschreibungen. Die starke Zunahme von rassistischer Diskriminierung gegen ost- und südostasiatisch gelesene Menschen im Kontext der Coronapandemie ist beispielhaft dafür.
Antimuslimischer Rassismus
Antimuslimischer Rassismus bezeichnet eine ablehnende Haltung und Einstellung gegenüber Menschen, die sich als Muslim*innen bezeichnen oder als solche wahrgenommen werden. Dem antimuslimischen Rassismus liegt ein ausschliessendes Wir-Sie Weltbild (Ideologie) zugrunde, dass auf historisch gewachsenen Zerrbildern und negativen Stereotypen (Feindbild Araber*innen, Orientalismus, Kreuzzüge) beruht und die Vorstellung eines «Kriegs der Zivilisationen» beschwört
Antisemitismus
Antisemitismus drückt eine ablehnende Haltung oder Einstellung gegenüber Menschen aus, die sich als Jüdinnen und Juden bezeichnen oder als solche wahrgenommen werden. Antisemitismus wird heute als Oberbegriff und zum Teil als Synonym für alle Formen antijüdischer Haltungen und Einstellungen verwendet. Antisemitismus manifestiert sich in feindseligen Überzeugungen, Vorurteilen oder Stereotypen, die sich – deutlich oder diffus – in der Kultur, der Gesellschaft oder in Einzelhandlungen zeigen und die darauf zielen, jüdische Personen und Institutionen zu beleidigen, herabzusetzen, auszugrenzen, zu benachteiligen oder auch als grundsätzlich «anders» zu betrachten. Antisemitische Äusserungen enthalten oft die Anschuldigung einer Verschwörung, benutzen negative Stereotype oder unterstellen negative Charakterzüge.
Ausländerfeindlichkeit und Fremdenfeindlichkeit
Ausländerfeindlichkeit und Fremdenfeindlichkeit bezeichnet die Ablehnung von Personen aufgrund einer subjektiv empfundenen Fremdheit. Es handelt sich hierbei um eine Sammelkategorie: Erfasst sind neben expliziter Feindlichkeit gegen ausländische Personen auch alle sogenannt fremdenfeindlich motivierten Diskriminierungen, welche keinem anderen spezifischen Vorurteil oder einer Ideologie zugeordnet werden können.
Mehrfachdiskriminierung
Mehrfachdiskriminierung liegt vor, wenn eine Person gleichzeitig aufgrund von mehreren Merkmalen diskriminiert wird (z.B. aufgrund von physiognomischen Merkmalen oder religiöser Zugehörigkeit und aufgrund des Geschlechts, der sozialen Schichtzugehörigkeit, einer Behinderung oder eines anderen Merkmals). Bei intersektionellen Formen der Diskriminierung interagieren verschiedene Ausgrenzungsformen in einer Weise miteinander, die eine spezifische Betroffenheit erst hervorbringt. So kann sich beispielsweise eine rassistische Handlung gegenüber einer Frau auf sexistische Weise manifestieren, oder umgekehrt die mit einer sexistischen Absicht verbundene Handlung rassistisch begründet werden.
Nationalismus
Nationalismus ist die Ideologie, welche die eigene «Nation» über alle anderen Gruppen stellt. Als «ausländisch» wahrgenommene Personen werden aus nationalistischer Sicht grundsätzlich als Nicht-Dazugehörige und Nicht-Gleichberechtigte und gar als feindlich wahrgenommen.
Racial Profiling
Das rassistische oder ethnische Profiling («Racial Profiling») ist ein Ausdruck institutioneller Diskriminierung und bezeichnet die diskriminierenden Kontrollpraktiken der verdachtsunabhängigen Personen- und Fahrzeugkontrollen durch Polizei, Bahnpolizei, Grenzwachtkorps oder private Sicherheitsangestellte, die primär aufgrund gruppenspezifischer Merkmale der Betroffenen wie Hautfarbe, Sprache, Religion oder ethnischer Herkunft durchgeführt werden.
Rassifizierung
Rassifizierung bezeichnet den Prozess, der Menschen nach tatsächlichen oder zugeschriebenen Merkmalen und Eigenschaften kategorisiert, stereotypisiert und hierarchisiert. Rassifizierung und Rassismus lassen sich nicht voneinander trennen: Im Prozess der Rassifizierung entsteht ein rassifiziertes Wissen und Wertsystem, das sozial konstruierte Gruppen hierarchisch positioniert.
Rassismus
Rassismus ist ein System von Diskursen und sozialen Praxen, die historisch entwickelte Machtverhältnisse, Ausgrenzungen und Privilegien legitimieren und reproduzieren. Er basiert auf einer Ideologie, die Menschen aufgrund von äusserlichen Merkmalen und/oder ihrer tatsächlichen oder zugeschriebenen ethnischen, kulturellen, nationalen sowie religiösen Zugehörigkeit in angeblich naturgegebene Gruppen einteilt und diese hierarchisiert. Damit werden Menschen nicht als Individuen, sondern als Mitglieder pseudo-natürlicher Gruppen mit kollektiven, als unveränderbar betrachteten Eigenschaften beurteilt und behandelt. Der «biologistische» Rassismus, welcher Menschen pseudowissenschaftlich in eine Hierarchie von genetisch vererbten «Rassenkategorien» einstuft, ist seit dem Holocaust weitgehend diskreditiert. Dies im Gegensatz zum kulturellen Rassismus oder Kulturalismus, einem «Rassismus ohne Rassen», der von einer angeblichen Unaufhebbarkeit und Unüberwindbarkeit von «kulturellen Differenzen» ausgeht. Rassismus lässt sich nicht allein auf (böswilliges) Handeln einzelner Menschen zurückführen. Er wird historisch, sozial und kulturell vermittelt und prägt gesellschaftliche Strukturen, Institutionen und Dynamiken. Deswegen ist Rassismus als gesamtgesellschaftliches Phänomen zu betrachten und muss als solches adressiert werden.
Rassismus gegen Jenische, Sinti und Sintizze/Manouches, Roma und Romnja
Jenische, Sinti und Sintizze/Manouches, Roma und Romnja sind unterschiedliche Volksgruppen, die jeweils auf spezifische Art und Weise von Rassismus betroffen sind. Diese Formen von Rassismus haben eine lange Geschichte, die sich durch ökonomische, gesellschaftliche und staatliche Diskriminierung sowie politische Verfolgung und Völkermord kennzeichnen. Sowohl fahrende als auch sesshafte Jenische, Sinti und Roma sind Rassismus und rassistischer Diskriminierung ausgesetzt.
Rassismus gegen Menschen aus der Balkanregion - Anti-Balkanismus
Anti-Balkanismus bezeichnet eine feindliche oder ablehnende Haltung gegenüber Menschen, die aus der Balkanregion stammen oder denen diese Herkunft zugeschrieben wird. Die negative Darstellung der Balkanregion schärfte sich in den 1990er und zu Beginn der 2000er Jahre im Kontext der Jugoslawienkriege zu und verstärkte kolonial geprägte Vorstellungen von «West» und «Ost». Anti-Balkanismus äussert sich durch Stereotypen, durch kulturalisierende Vorstellungen, und rassistische Diskriminierung.
Rassistische Diskriminierung
Rassistische Diskriminierung bezeichnet jede Handlung oder Praxis, die Menschen aufgrund äusserlicher Merkmale, ethnischer Herkunft, kultureller Merkmale und/oder religiöser Zugehörigkeit ungerechtfertigt benachteiligt, demütigt, bedroht oder an Leib und Leben gefährdet. Im Unterschied zum Rassismus ist rassistische Diskriminierung nicht zwingend ideologisch begründet. Sie kann absichtlich, oft jedoch auch unabsichtlich erfolgen (z.B. indirekte oder strukturelle Diskriminierung).
Rechtsextremismus
Wesentliches Merkmal des Rechtsextremismus ist die Infragestellung der Gleichwertigkeit aller Menschen und eine Ideologie der Ausgrenzung, die sich mit erhöhter Gewaltakzeptanz verbinden kann. Alle Definitionen des Rechtsextremismus sind sich darin einig, dass Rassismus und Fremdenfeindlichkeit konstituierende Elemente des Rechtsextremismus sind.
Rechtspopulismus
Rechtspopulismus bezeichnet eine Mobilisierungsstrategie, deren zentraler Schwerpunkt es ist, Stimmung gegen Schwächere zu erzeugen, um über erzielte Wahl- oder Abstimmungserfolge mittels demokratisch erworbener Macht die Gesellschaft autoritär umzubauen.
Religiöser Fundamentalismus
Religiöser Fundamentalismus fordert die Rückbesinnung auf die Fundamente einer bestimmten Religion. Um diesem Ziel näher zu kommen, werden manchmal radikale und intolerante Handlungsweisen propagiert.
Struktureller Rassismus
Bezeichnet die gesellschaftlich verankerte Benachteiligung oder Ausgrenzung rassifizierter Gruppen, die über das individuelle Handeln hinausgeht. Er zeigt sich in Werten, Handlungen, Normvorstellungen, Wissensbeständen und institutionalisierten Praktiken, welche historisch gewachsen sind. Struktureller Rassismus führt zur Vervielfältigung von bestehenden Ungleichheiten, ist für Nicht-Betroffene schwer zu erkennen bzw. wird in der öffentlichen Wahrnehmung als ‘normal’ hingenommen und kaum hinterfragt.